Ebstorfer feiern ihr Schützenfest bei fast Wüstenklima
Schütze, gedünstet im eigenen Saft: das war das Rezept des diesjährigen Ebstorfer Schützenfestes. Wüstenähnliche Temperaturen von bis zu 38 Grad waren nicht nur für die Schützen eine Belastung, auch die Zuschauer und Besucher haben unter diesen extremen Bedingungen gelitten. Ausgerechnet in die bislang heißesten Tage dieses Jahres, die auch zu den wärmsten seit Beginn der Wetteraufzeichnungen für diese Region gehören, fiel das diesjährige Schützenfest Anfang Juli.
Wobei beim Eintrommeln am Mittwochvormittag, bei dem der Gildetambour mit den Kindern durch den Ort zieht, um bei den Geschäftsleuten um Süßigkeiten zu werben, noch vergleichsweise moderate Temperaturen herrschten. Da der Zug dieses Mal wegen der Bauarbeiten nicht auf dem Domänenplatz beginnen konnte, zog der Tambour mit den Gildebrüdern, die zum Schutz der Kinder den Zug begleiten, laut trommelnd durch das Schulgebäude, damit auch keiner den Start verpasst. „Eine gute Idee eigentlich, das könnten wir immer so machen“ befanden die Mitglieder der „Gurkentruppe“, wie sie sich selbst scherzhaft in Anspielung auf den Namen des Tambours Markus Gurke nannten. Am Abend dann begann mit dem Kommers im Schützenhaus das eigentliche Schützenfest. Das Schützenhaus war auch das Thema der Rede des zweiten Gildeherrn Andreas Puschmann, der über die Geschichte und anstehende Renovierungsarbeiten am Haus berichtete. Diese werden die Schützen selbstverständlich vornehmen und ihr Haus erhalten, ist ihr historisches Schützenhaus von 1880 doch das einzige noch verbliebene weit und breit. Die weiteren Reden waren wie üblich eher launischer Art, so konnten sich Majestät und Vizemajestät schon zum zweiten Mal aus Ihrem Amtsjahr, weil König Peter Strosik ja im Vorjahr seine Königswürde verteidigt hatte. „Nicht noch einmal, zumindest nicht dieses Jahr“ versprach er denn auch hoch und heilig. Während Revierförster Karsten Lührs Isegrim in den Mittelpunkt seiner Rede stellte, begrüßte Joppen-Hauptmann Peter Müller den Gildebruder mit der mit Sicherheit weitesten Anreise: Joppe Ralf Möglich kommt jedes Jahr zum Schützenfest aus seiner Wahlheimat Namibia. Geendet hat der Kommers wie immer am späten Abend mit dem großen Zapfenstreich im Schützenholz, der auch die erste große Bewährungsprobe für den neuen Gildehauptmann Michel Andres war. Der anschließende mitternächtliche Fackelzug durch den dunklen Ort zum Winkelplatz, wo die „Post im Walde“ intoniert wurde, fand trotz der späten (bzw. frühen) Stunde unter Beteiligung zahlreicher Zuschauer statt.
Der Donnerstag begann wie jedes Jahr mit dem großen Umzug durch den Klosterflecken mit der Abholung der Ehrengäste zum Königsfrühstück im Schützenhaus. Obwohl die Temperaturen bereits am Vormittag schnell die 30-Grad-Marke erreichten, gab es für die Gildebrüder keine Marscherleichterung. Legen diese doch großen Wert auf ein geordnetes Auftreten und heben sich damit deutlich von so manch anderem Schützenverein ab. Der entscheidende Königsschuss von Andreas Schmidt fiel dann bereits um die Mittagszeit, kein anderer der über 30 Schützen, die auf die Königsscheibe geschossen haben, konnten bis zum Schießende um 17 Uhr seinen 579,9 Teiler unterbieten. Der 21-jährige Westerweyher ist erst sein 2012 Mitglied der Schützengilde im Joppen-Korps und gehört zu den jüngsten Königen seit Bestehen der Gilde vor über 725 Jahren. Bei der Proklamation um 18 Uhr wurden auch die weiteren Majestäten proklamiert: Jugendkönig ist Jan-Timo Lobner, der mit einem 63,3 Teiler die Konkurrenz hinter sich gelassen hat, den Junge-Leute-Löffel hat Michel Lammerich mit einem 214,1 Teiler errungen. Das Königspaar des Spielmannszuges heißt Nicole Schwarzrock und Florian Kaleshi, bester Schütze unter den Schülern der Georgsanstalt ist Sissay-Albert Veddeler mit einem 418,1 Teiler. Nach der Proklamation marschierte die Gilde zunächst ins Kloster, wo der neue König der Äbtissin vorgestellt wurde.
Danach ging es, die Gilde kannte den Weg ja schon aus den letzten zwei Jahren, in die Lutherstraße, wo der neue König sein Quartier exakt gegenüber dem alten und damit jetzt Vizekönig hat. Der Freitag ist dann für die meisten Gildebrüder der Pausentag zur Erholung, bevor am Abend der Königsball mit der Zeremonie um den Hindenburgpokal und historischem Königstanz stattfindet. Zum gelungenen Abend, bei dem wieder bis zum Morgengrauen gefeiert wurde, trug erneut das perfekte Königsessen von Festwirt Olli Brink bei. Am Sonnabend standen wie immer die Kinder im Mittelpunkt des Festes. Nach dem Kinderschützenfestumzug, wegen der großen Hitze auf ein Mindestmaß reduziert, gab es auf dem Festplatz zahlreiche Spiele und Preise für die kleineren, die größeren maßen sich im Wettbewerb um die Kinderkönigswürde. Bei den Mädchen hatte Yara Zoch beim Vogelstechen die Nase vorn, bei den Jungs gab Jannis Berghausen aus Hamburg den besten Schuss mit dem Luftgewehr ab. Wegen der sengenden Hitze entfallen ist die Vorstellung des neuen Kinderkönigspaares im Kloster. „Das konnten wir den Kindern nicht antun“ sagte Kinderschützenfestobmann Christian Drewes.
Am Sonntag schließlich wurde noch Bürgerkönig Lennart Stut vor dem Rathaus proklamiert, bevor der Umzug aus 330 Uniformierten, wegen der Hitze auf kürzestem Wege, König Andreas Schmidt und die anderen Majestäten aus seinem Lager abholte und nach dem Defilee ins Schützenholz marschierte. In Relation zur Ortsgröße ist der Ebstorfer Umzug übrigens dreimal so mächtig wie der zeitgleich in Hannover stattfindende Ausmarsch, und das ganze ohne Karnevals- und Turnvereine zum Auffüllen des Zuges. Ausgeklungen ist das Schützenfest dann mit dem traditionellen Kletterbaum für die Kinder, Darbietungen der am Ausmarsch beteiligten Musikzüge und heftigem Unwetter am Abend. Fazit der „heißen Tage von Ebstorf“: es hätten ruhig 10 Grad weniger sein können.
Tatsächlich waren die Temperaturen dann am Montag, nach dem eigentlichen Ende des Schützenfestes, wieder auf angenehme Werte gefallen. Dann, wenn man es eigentlich nicht mehr brauchte, weil die Gildebrüder nun wieder ohne ihre dicke Uniform herumlaufen konnten. Am Abend, nach dem Abbau der Lager in den Korps und dem Abschmücken des Schützenhauses, standen dann noch der so genannte Resteverzehr (der in Wirklichkeit selbstverständlich nicht mehr aus Resten des Königsessens besteht) und die Siegerehrung für die Gewinner der Ehrenpreise an. Den Klosterpokal errang in diesem Jahr Gitta Kuhlmann mit einem 128,0 Teiler, die Ehrenscheibe auf 50 m holte sich Uwe Diemar mit einem 156,2 Teiler. Die Ehrenscheibe auf 100 m ging für einen hervorragenden 50,9 Teiler an den Doppelsieger dieses Schützenfestes Benjamin Schulz, der sich zusätzlich auch noch den 1. Gildepreis für einen 242,6 Teiler holte. Die weiteren Gildepreise gingen für einen 486,5 Teiler an Volkmar Andres und Klaus Kruckenberg für einen 529,2 Teiler. Den besten Schuss auf die Probescheibe beim Königsschießen schaffte Michel Andres mit einem 484,6 Teiler und staubte dafür die geschnitzte Mauritiusscheibe ab. Über die Ehrenscheibe Jugend auf 10 m konnte sich schließlich noch Christoph Dörnbrack durch seinen 28,4-Teiler-Schuss freuen, auf den Pokalplätzen folgten Katja Linnecke mit einem 37,6 Teiler und Maximilian Berghausen mit einem 57,0 Teiler.